Volker Schmidt

auf Deutsch

Die Schneekönigin - NEU
Vier Farben: Weiß
Nach Süden
Das Roggenfeld
Eisgekühlte Aphorismen
Kryptisch in den Bart gebrabbelt
Organische Variationen
Sieben Ode und eine Achde - ERGÄNZT
Gejammer
Vorsommersonate für Fauna, Flora und Schwalbe solo
Allegro / Nocturne (Maestoso) / Scherzo
Gebet eines Dichterlehrlings
Neumond ist
Die Lauer - GelöschtEs kam so über mich
Lunatic
Rauchbekanntschaft
Drei HerbstliederKyklos Kykladikos (Kykladenzyklus)
Sonne, sinkend

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Die Schneekönigin

Schau, der Wald aus Kristall, in Watte gepackt.
Siehst Du ihn, mein Kind, durchs Fenster?
Schau, es bläst eine Prise Zucker vorbei.
Wind, oh Wind, verweh Gespenster!

Schau, Dein Schlitten, er leuchtet so bunt durch den Schnee,
will mit Dir wie einst zum Hange.
Schau, der See, er lockt Schlittschuhläufer zum Tanz.
Kind, oh Kind, wie bllickst Du bange!

Schau, wie es glänzt - Du schläfst. Die Stirn sinkt ans Glas.
Neben Dir steh ich und darf nicht wanken.
Fieberatem beschlägt die Scheibe und friert.
Zart erblühen bleiche Ranken.

 

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Vier Farben: Weiß

Komm mit, mein Lieb, ich weiß ein Haus
da kann vom Klo man Sterne sehn.
Da scheint der Mond auf weiße Blumen,
die nachts am Fensterglas erblühn
und tags im Flammenschein vergehn.

Komm mit, mein Lieb, ich weiß 'nen Weg,
da knirscht bei jedem Schritt der Schnee,
da lockt ein Waldkauz Dich ins Dunkel
singt Dir ein Lied von Ach und Weh
- hab keine Angst, geh mit ihm, geh.

Komm mit, mein Lieb, ich weiß ein Feld,
da liegt ein Staub wie von Saphir.
Er weht und seufzt, als wollt er fliehn,
er bäumt sich wie ein wundes Tier
und bleibt am End doch wieder hier.

Komm mit, mein Lieb, ich weiß 'nen Fluss,
der einen Panzer trägt aus Eis.
Hab Acht, mein Lieb, und tritt nicht fehl,
setze Deinen Schritt mit Fleiß,
sonst krachts, ist still, und nur noch weiß.

 

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La Vallee du Vancon, April 2000

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Nach Süden

Blechgeröll moränt am Straßrand
Vorm Nieselregen retten
sich rennend Silhouetten,
Köpfe in Schultern verspannt.

Gelb klebt Blatt am schwarzen Schuh.
Blick auf Asphalt gekeilt
Gnadenlos weitergeeilt
Geschäfte machen bald zu.

Hebt am Himmel an ein Rauschen
Keiner, nicht einer, blickt hoch
Alle müssen schnell noch
Jacke wie Hose umtauschen.

Schwanenschwingen schlagen Lüfte
unerhört und -gesehn
als würde es nicht geschehn
weil's dazu jemand merken müsste.

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Das Roggenfeld

War ein Roggenfeld
haben Störche geschnäbelt.
Blieben Stoppeln gelb:
Roggen abgesäbelt.

Blühten Kräuter auf
zwischen Roggenhalmresten.
Pladderte Regen drauf
nach den Kornerntefesten.

Lag der Acker leer
haben Hamster gegraben.
Zog der Pflug drüber her:
Hamster totgefahren.

Fiel ein Schnee herab
keimen Pflänzchen darunter.
Auf dem Hamstergrab
wächst ab März Holunder.

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Eisgekühlte Aphroismen

Wen die Nachtigall schlägt
der hört kein Gras mehr wachsen
den stört keine Stunde.

Wer mit Glasperlen spielt
sollte im Muschelhaus sitzen.

Auch ein müder Heller
ehrt den roten Muskateller.

Der Brunnen kriecht so lange zu Kreuze
bis es wie aus Krügen gießt.

Eher hat ein Kamel Gold im Ohr
als dass die Morgenstunde nadelt.

Wer Papiertiger abbrennt
fährt ungefrühstückt gen Himmel
und bricht sich den Zeh.

 

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La Vallee du Vancon, April 2000

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Andy Goldsworthy refers to these sculptural forms as 'Sentinels', suggesting an idea of protection. Situated in curving roads, or tucked into crevices in the sides of huge cliffs, these large stone structures are loosely based on the form of traditional cairns: stone mounds that have been used for centuries as geographical markers. They also pay respect to the history of an Alpine region where the arduous creation of walls and roads cost many lives. Goldsworthy reconnects the National Park to its history, creating artworks that marry the force of ancient monuments to a sense of impermanence - in keeping with our fragile relationship with the
environment.

Kryptisch in den Bart gebrabbelt

Mückenzerstochen, nesselverbrannt:
Selbst schuld, wer im Wald seine Worte sucht,
barfüßig stolpernd, Heft in der Hand,
auf Zecken- und Ameisenbisse flucht,
hähergeeichelt, finkengebucht,
mit Blasen an Sohle und Großhirnrand.

Sumpfblumgedottert, nachtivergällt:
Auf diesem romantischen Mist gedeiht
mäulerbeworfen, rötlichgekehlt,
ein Amüsement, stille Heiterkeit,
lerchenbesungen, hirschröhrgeweiht,
der Welt gegenüber - halt dem, was so zählt.

Laufgebächert, hundverbellt,
Alltagsangst - abgestellt.
Gansbeschnattert, schagemäht,
Zukunftsgier - windverweht.

Storchenbeklappert, bibergedämmt,
entsteht so ein Hohlraum am Rand der Stirn.
Blitzegeschlagen, hahnengekämmt,
beseeligte Schlempe vergiftet's Hirn.
Sauergeampfert, Vogelbestürmt;
bis beinahe jeder Gedanke klemmt.

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Organische Variationen

Das Herz in der Hose
Den Schwanz am rechten Fleck
Das Hirn schlägt unverbesserlich links
und sondert mal wieder
gedankliche Fürze ab
bis einer sagt: Hier stinkt's.

Die Faust geballt
dank Herz und Hirn
Den Schwanz in der Hose verstaut
Barrikaden erklettert
Gewehr weggeschmissen
Revolutiönchen versaut.

Das Hirn in der Hose
Den Schwanz in der Faust
Wenn das Herz nicht noch wäre
könnten drei Fuß Erde getrost
die sterbliche Hülle bedecken:
willkommen, feuchtkalte Schwere.

Das Hirn schwänzt
Angst ballt das Herz
Faust stellt die Gretchenfrage:
Hamsen Existenzberechtijungsschein?
Ne Seele? Ne Wohnung?
Nich? Schwierije Lage!

Feuchtkalt die Füße
Die Hose recht fleckig
Herz Hirn und Schwanz
linken die Faust
Friede, Ihr Fürze
Schweigt. Und zwar ganz.

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Sieben Oden und eine Achde
(Work in Progress, fast fettisch)

Erste Ode: Oh, ein Notizbuch

Oh, ein Notizbuch! Mal los jetzt,
frei von der Leber gelabert, die Galle gespitzt,
undichte Gedanken auf's Kleinkaro gekleckst,
gelegentlich geistvoll gesprüht,
geklotzt, meinetwegen gekotzt (ironisch gebrochen),
mit Verve, wenn's giftig aus der Flosse federt.
Kein Weg zurück, die Eselsbrücke abgebrochen,
der Steputat bleibt im Schrank: Wat mutt dat mutt,
wo mir das schottengemusterte Büchlein
nunmal in diie Hand fiel
beim aufgeräumten Kramen im Kontor meiner Krämerseele.

 

 

Zweite Ode: O Mann!

Oh Mann! Lyrik! Was soll das denn noch?
Adorno hat's doch verboten.
Herbstwindgespinste, Herzensgepoch:
ein Sack Reis auf den Lofoten.

Betroffen begafft der Poet seinen Nabel.
Sein lyrisches Ego juckt ihn.
Selbstmitleidig sondert er ab sein Gesabbel.
Leben? Verzichte, Genossin.

Rebell im Rollkragen rasselt den Rotring,
verbessert die Welt: Revolte!
Rasierklingenscharf glaubt seinVerslein der Reimling,
der lang schon vergaß, was er wollte.

Poesie kommt von Pose, und ebendiese
verlässt unser selbsternannter Notizbuchhalter hiermit,
blickt verstohlen über den Rand seiner Augengläser
in die aus einem halben Dutzend blasser Brillenträger
sowie einer zu vernachlässigenden Anzahl
schwärmerisch veranlagter Backfische in Blümchenkleidern bestehende Runde
und verkündet in überzeugendem Brustton:
Die wahren Dichter, Dam'nundherren,
sind doch ohnehin längst die Werbetexter,
Firmennamenerfinder und die promvierten Euphemistiker,
die Speisekarten schreiben:

Lachsmousse auf Lauchflan,
friss Dir 'nen Bauch an,
speck die Schwarte,
zahl mit der Karte.
Hühnchen, gehinkelt,
gib ordentlich Trinkgeld;
Cliquot und Likörchen,
Küsschen auf's Öhrchen,
mit Saus und Braus,
im Taxi nach Haus.

Der elende Skribent hält, von sich selbst übermannt,

inne,

zieht trotzig den Rotz hoch und fährt

fort.

Oh Mann! Lyrik! Sowas liest doch kein Schwanz.
Verleger finden sich eh nich.
Gedichte gelingen ohenhin nie so ganz.
Höchstens, so hoff ich, ein wenig.

 

Dritte Ode: O, so lautet...

O, so lautet laut Hoffmann der Anlaut
des Anrufgedichtes, weshalben man Ode es heißet.
So eselig zieht der Anglist über Brücken.
O griechische Urne! O Westwind! O brennender Tiger!
Das störrische Vieh. O Muse! Hendiadioin!

 

 

Vierte Ode: Olé, alter Pan!
(sehr vorläufige Fassung)

Olé, alter Pan! Hörniger, höre!
Bocksfuß, Flötenspieler!
Alles ist geil,
niemand hört auf Dein Kommando,
Verführer von Nymphen, der Du doch bist.
Et ego in Shopping Arcade,
sagte sich trunken Dyonisios,
drogendrückender Rauschgott,
Konkurrenz Deiner Lenden,
und übenahm Deinen Job,
als Antipol des Apoll
- so wills das schweflige Geschwafel Herrn Nietzsches.

(Die modeste Baba Yaga,
Vagina Dentata,
honett,
adrett,
Spinett
satanische Ferse
Was Dein Bocksgesang so alles anschwellen lässt)

 

 

Fünfte Ode: O.K. Okay. Okeeh

O.K. Okay. Okeeh, Euer Nichtganz-Dichter
sammelt den Sabber, liftet die Lefzen,
hebt an zu gebundener Rede,
vom Schimmer des Bildschirms stilvoll beleuchtet
(die Zeit der Gänsefedern ist vorbei).

Sag an, treuteures Schlachtross, wannen trabst Du?
So lange die Säfte nur fließen, was soll's.
Im Reiche des Haders, im Lande der Liebe:
Pegasus nährt sich von bitteren Früchten
so wohl als wie süßen, das genügsame Vieh.

Mal ehrlich: Kämt Ihr Euch nicht blöd vor,
so schreibend zu sitzen in aller Öffentlichkeit?
Gerunzelte Stirn, geleerte Tasse, die Rauchsucht gezügelt.
Ob Laptop, ob Kladde: galoppierende Anachronie dritten Grades.
Selbst hier, im Kaffehaus - im Kafeehaus! Zivilisation!

Dreist gewendet: Zeitlosigkeit, die wilde Müllkippe,
ist auch keine schlechte Ausgangsposition,
dem Weltgeist mal so richtig die Fresse zu polieren.
Nur: Das Arschlich ist stärker, wobei's sich zugleich
als Opfer verkauft. Versteh'n soll's, wer will.

 

 

Sechste Ode: Oder anders

Oder anders: Dem Liberalismus ins Hirn zu scheißen,
reicht auch nicht zur Lebensaufgabe.
Jedwedes Rumpelstilzchen will heute Hamlet heißen
oder wie sonst ein zerrissener Knabe.

Vergammelte Gesichte in unsichren Zeiten
statt Poesie, kahlglatt geschlämmt.
Beim Lesen, bitte sehr, nicht so beeilen;
kann sein, dass sich sonst das Versmaß verklemmt.

Cui bono? Du sag' mal: Was macht das mit Dir,
wenn Dir wer so halbgar Levitikus liest?
Ich, meinsteils, sitz ja nur hier,
damit mir wer fleißig was Kaffe nachgießt.

Nachher, beim Zahlen, tret ich Mammon ans Knie,
so aus altem Sentimentismus.
Doch Götze Geld, das robustische Vieh,
hat 'nen eisenharten Meniskus.

Am Golde hängt, zum Golde drängt - ich sag' Euch:
am Gold hat manch Zahn sich verbissen.
Jetzt komm ich ins Predigen. Willkommen im Feenreich.
Die Alternativen, ich weiß, sind beschissen.

 

 

Siebte Ode: Ohne Reim

Ohne Reim weiter, wo's jetzt so schön läuft;
der Rede entbunden und Tachles gebrüllt:
Alles ist eitel und ähnliche Sprüche,
die Weisheit zwofuffzich das Stück
vehement mit Verve in den Wind gerotzt
mit voraussehbarem Erfolg: bespuckter Visage.
Ach, was soll's, wenn die Sonne schön scheint,
die Rocksäume steigen, die Säfte.
Was schert mich da Kapitalismus?
Was kümmert Bakunin mich, wenn der Wind lauer weht
und Glossolalie sich zur Tinte herabsenkt?
Das Leben prall, die Zeche prell,
und oben sitzt ein Rabe,
den ich in einer frühren Welt
schon mal gesehen habe.
Er hackt mir sanft die Augen aus
und singt mich leis in Schlafe,
verspricht ein Honigkuchenhaus
und Zuckerwatteschafe.

 

 

Achde: Ach, Kugelschreiber!

Ach, Kugelschreiber! Sabberst mir
nur Tintenkleckse aufs Papier
- und solltest doch mit klarer weißer Flamme brennen,
Löcher schneidend in Tresore
die voll von Reden sind und Schweigen,
wie im Labor von allen andern Stoffen trennen
reine, wahre, schöne, gute,
das Katzengold vom Stein der Weisen.
Dein blaues Licht soll mir das Land des Lächelns zeigen:
Flüsse, Meere, Berge, Moore.
Auf diesen Abenteuerreisen
fänd ich beim Flammenschein die unbequemste Route
durch Wörter Wüsten, Reimes Weiden.

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Gejammer

Der Allerjüngsten einer bin ich nun auch schon nicht mehr.
Selbst der Rücken macht auf Alt und zippert aus dem Leim.
Grad heute, wo Jugend mit aufgerissenem Spundloch
- ich will nicht jammern.

Was mir zu denken gibt ist nicht der Kreuzschmerz
ist dass ich nur noch selten sitze so wie jetzt
im Ubahnhof paar Zeilen schreibe
- nicht dass es nichts zu dichten gäbe:
So schlimm ists lang noch nicht.

Schon Spanner oder noch Spinner*?
Diese Anfälle von Nostalgie, angeblicher Erinnerung
an pränatale Phantasieparadiese
an irgendeine gute alte Zeit
- nein, ich will nicht jammern:
manchmal
sitzt einer oder eine
im Bahnabteil und liest

zwischen schniegegegelten Neopostneonären
begehstelzten Kunststoffmädchen
Bauchnabelpierzchen aus Plastik
und - mitoderobohne Verlaub -
Flachwichsern jeder Zuckercouleur.

Wenn auch das Abendland - geschenkt!- , nach unten:
Ich will nicht jammern.

*Meine Reverenz, Senior Rühmkorff

 

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Vorsommersonate für Fauna, Flora und Schwalbe solo
(2003 Remix)

Allegro

Kastanienkerzen welken bald
der Flieder flieht - ab geht
der Frühling
von seinem blauen Band
gefolgt.
Schluss mit lauwarm.

So mal mir einen großen Sommer:
lass ins gelbe Korn den Mohn rot klatschen
novalisblaue Blüten Himmel spiegeln
Wälder Schatten spenden, Wege trocken stauben.
Lass Flimmerpfützen stehen auf Asphalt
die, nahbesehen, verdunsten.

Ohne Dich, Du Sommermalerin:
Mohnrot blutleer, bleich das Gelb,
wäßrig blau die Blumen,
allenfalls aschgrau Asphalt.

So mal mir, sagen wir, ein Zelt am See:
Farben plätschernd an die Ufer,
zwitschernd hoch ein Lerchensaal,
still, ganz still, ein Waldessaum.
Im Nachtluftflirren hoft ein Mond,
vom Schwarsamt schnuppt ein Meteor.

Und mal mir einen Ostseestrand:
bernsteinkörnig, meeresrauschend,
mit Möwenschrei und Treibskulpturen.
Mal badend in die Brandung uns,
sonnend sinnend, wonnend liegend
im Dünensand auf Elche wartend.

Mal auch mal in dunklen Farben:
Donnergrollen, tolles Rollen, Blitzgegrelle,
Götterstreit, Gigantenzank,
Nacht am Tage
, Wetterschlag.
Die wolkengebrochene Luft, so rein,
der Himmel aus Lapislazuli.

Mit Dir, Du meine Malerin,
wird dieser Sommer groß
und noch so mancher andre,
Herbst und Winter, Lenz und Sommer,
bis - wenn wir nicht gestorben sind
der Tod uns scheide.

 

Nocturne (Maestoso)

Stillsilbersee sanftkräuslig sternhell
Bei Neumond heult keine Eule

milder Wind säuselt, unruhiger Gesell.

Ins Firmament, die umgestürzte Schüssel,
ahlten Ahnen Löcher:
bildverkürzte Zukunftsschlüssel.

Grasliegend aufblickend Bär suchen nachsinnend
Schicksalsstrahlen mahnen sacht
Nie verfluchend, stets erinnernd.

Schnellschwinden Gewölk enthüllt Kasiopeia,
bläulich leuchtet Freund Orion.
Vom Hauch zerknüllt, verweht der Schleier. (Au Weia!)

Doch in grabstiller Nacht löscht ein Nebel die Lichter, heißt stumm sein Fortuna.
Verheißung weicht gräulicher Ahnung, die Zuversicht flieht und zurück
bleibt in traumlosem Schlummer, doch ängstlich beschwert, wer noch eben so froh.
Bedrohlich scheint fahl es im Osten herauf, bleicht die Wolken zum Leichtuch.
Schrill hebt Kassandra die Stimme, gefolgt, ohne Zaudern, von Pythia:
Scito te ipsum, erkenne Dich selbst! Zetern die Damen vereint,
bedeutend dem Schläfer, dass in jener Kenntnis ein Unheil sich berge.

Aurora räkelt sich, rosenbefingert,
kitzelt zum Zwitschern den Zeisig.
Morgenwind segelt frisch
, Unheil verschwindet,
hinterlässt
Blässerest.

 

Scherzo

Dein nackter Arsch im Sand der Düne
Dein bloßer Zeh im Wiesengras
Die Fliege auf der Honigschnitte
Dein Haar im Vorgewitterwind
Dein Nase: Sonnenbrand.

Auf Deiner braunen Haut zwei Tropfen
Am Horizont ein Wetterlicht
Dann plötzlich: dunkle Wolken, Regen
Das Häuflein unsrer Kleider nass
Donner grollt, Zelt verweht.

Dein nasses Haar klebt in der Stirn Dir
Dein Zeh, Dein Arsch im klammen Sand
Die Flucht zum Busch. Die Blätterhöhle
Deine Nase schimmert feucht
Deine Brüste: Gänsehaut.

In unserm Höhlenbusch wirds feuchter
Ein Wasserfall herniederrauscht
Dann plötzlich: liegt Dein Mund auf meinem
Und meine Hand sucht Deine Brust
- der Rest bleibt unerwähnt
.

Dein Arm, Dein Bein, entspannt im Nassen.
Die Fliege auf dem bloßen Zeh.
Dein nackter Busen hebt und senkt sich.
Dein Haar, die Nase und Dein Arsch:
Honighaut im Sonnenschein.

 

Und hier fehlt ein vierter Satz.

Kommt noch.

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Neumond ist

Neumond ist. Die Sterne funkeln.
Einer hat ein Teleskop.
"Kommt und seht", ruft er und zeigt im Dunkeln
wo Mars sich an den Himmel schob.

Das Weltall ist ihm Wissenschaft.
Er weiß, warum die Sterne blinken.
Dem gibt es keine Himmelskraft,
kein Schicksal, das die Sternbilder lenken.

Der wünscht sich nichts, wenn Schnuppen fallen,
er sieht nur Meteoriten glüh'n.
Doch müssen nicht auch ihm, wie allen,
wenn Sterne ihre Bahnen zieh'n,
Träume kommen in den Sinn,
Gedanken sich zur Sehnsucht ballen?

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lunatic

bin barfuß
übers nasse gras gelaufen
heut nacht
bei acht grad plus
hab geraucht
hab geschaut
in die kleinstadtlichterhelle nacht
hab in den kalten wind gepißt
die erde an den füßen

dann stand ich vorm spiegel
hab lang genug
mein äußeres beschaut
was andre mich nennen
lang genug
bis es ein fremder war
die gesten unvorhersehbar

Hoch.

 

 

Rauchbekanntschaft

Ich wein' Dir nicht nach, ach wo,
keine Träne. Das? Der Rauch
reizt die Augen. Grillen am Bahndamm.
Es wird schon hell.
Gleich geht Deine Tram.

Flausen. Der Teppich. Da lagst Du.
Ich rauche zu viel. Deine Marke.
Und Zeile ziehen durch mein Hirn
Von Deiner Lieblingsband:
"verwirrt, träge und verliebt".

Verknallt, nur verknallt, na klar,
mehr nicht. Was auch sonst
nach ein paar Zigarettenpausen
und ein, zwei wachen Nächten
in parallelen Welten.

Da zieht er hin, der Rauch,
der eben noch in meiner Lunge war,
da zieht er hin. Wie heißt es doch?
Da muss ein Feuer sein. Die Kippen
Gewöhn' ich mir ab.

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Gebet eines Dichterlehrlings

Im Kopf die Vernunft
im Herzen die Liebe
die Seele voll Sehnsucht
im Unterleib Triebe.

Im Nacken den Schalk
in der Feder die Leere:
Ach wenn ich doch
ein Dichter wäre.

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Es kam so über mich...

Den Großen Conrady aufm Knie
in der Rechten eine Camel
so sitz ich jeden Abend hie
und mach es mir bequemmel.

Ich wische fort des Tages Hatz
entledig mich vom Stresse
mit ein paar Zeilen Ringelnatz
und etwas Hermann Hesse.

Des Alltags Sorgen sind mir fern
wenn ich mich wälz im Morgenstern.
Für Politik sorgt Bertolt Brecht.

Wenn ich lese stört mich keiner
ich flüchte mich zu Rilkes Rainer
und mach mir meinen Reim erst recht.

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Drei Herbstlieder

Langes Herbstlied

Der Herbst läßt nun mach welkes Blatt 
wieder wehen durch die Winde. 
Moos legt sich auf kahler Bäume Rinde. 
Die Vögel sind von Trauben satt 
und ziehen gegen Süden. 

Ein Sturm von Ost klagt in den Zweigen, 
treibt schwere Wolken über Land. 
Auf einen menschentblößten Strand 
fällt Regen. Nasse Gräser neigen 
die Häupter, ihre müden. 

Wehmut singt der Eule Ruf. 
Die letzten Astern blühen. 
Ein Rabe krächzt mit heis'rem Ton. 
Ein spätes Ackerpferd setzt seinen Huf 
behend. Es würde fliehen 
wenn es nur könnte. Schon 
hebt sacht ein kalter Nebel sich, 
entzieht das Land dem Blick. 
Die Farbe aller Dinge blich, 
ließ Grau und Grau zurück.

Ich weig're mich, die Traurigkeit zu teilen, 
die überall aus Stoppelfeldern steigt, 
und weiß: Sie wird mich doch ereilen 
wenn bald die letzte Amsel schweigt.

 

 

Heiteres Herbstlied
(bei aufziehender Herbsttraurigkeit zu selbstgewählter Weise vor sich hin zu singen)

Ein Herbst tropft traurig vor sich hin 
und sucht ein Opfer, es zu quälen. 
Weil ich grad in der Nähe bin 
denkt er: Den werd ich wählen 
und ihn in Depressionen jagen 
bis daß er heult und kifft und trinkt.

Hör zu, du Herbst, und laß dir sagen: 
So leicht kriegst du mich nicht. Singt 
auch der Wind sein melancholisch' Lied 
so traurig in den kahlen Zweigen, 
sind auch die Wolken noch so schwarz: 
Dir will ich Deinen Weg schon zeigen. 
Noch eh' du weißt wie dir geschieht 
kick' ich dich übern Harz.

 

 

Letztes Herbstlied

Des Sommers Wärme ist verflogen, 
der Herbst vergoldet grüne Bäume. 
Die Vögel sind nach Afrika geflogen. 
Des Nebels Rheumadecke legt sich 
naßkalt auf Wald und Wiese. 

Wege rinnen übers Fenster 
und führen doch nur wieder her. 
Längst vergangner Zeit Gespenster 
allein auf Straßen, öd und leer.

Herbst! laß dieses Tropfen sein, 
Du machst mich doch nervös. 
Selbst Trinker saufen anonym daheim, 
der Mond schaut ganz leprös. 
Komm, wir ziehn die Wolken glatt 
und tanzen nackten Fußes 
zu zwein im Mondenschein. 

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Kyklos Kykladikos (Kykladenzyklus)

Kyklos Kykladikos (Cycladic Cycle)

I Der Flieger

Ich saß im Flieger nach Athen
und neben  mir ein Grieche
der schon lang in Frankfurt lebt
und jetzt mit vielen Gästen
nach Attika in Urlaub flog.

Als ich ihm auf seine Fragen
erzählte wie allein warum
ich nach Hellas fliege daß
dort Anna auf mich wartet
die ich bis dato nur aus Briefen kenne
und noch nie gesehen hab',

die ich an einer Roten Rose
auf dem Airport kennen werde
mehr als Gag denn aus Romantik
wir warn ja höchstens Freunde,

erzählte er mir wie'n Bekannter
auf ähnlich anonyme Weise
seine spätre Frau getroffen hatte
und wünschte mir viel Glück.

Da hielt ich das noch
für lächerlich.

I The Plane

I's sitting in the plane to Athens 
and next to me a Greek 
who's been living in Frankfurt for long 
and is now flying with many guests 
to Attica for holidays. 

When I told him on his questions 
how alone and why 
I flew to Hellas that 
Anna's waiting there for me 
whom I know from letters yet
and have never seen before, 

whom I will know from a Red Rose 
that she'll be holding in the airport 
more for gag than for romantics 
we were maximally friends, 

he told me how a friend of his 
in a similar anonymous way 
had met the one to be his wife 
and wished me good luck. à 

Then I still thought this 
ridiculous.

II Schon der erste Tag (Son et Lumiére)

Trotz aller UnbekanntBeklommenheit
auf Felsenrachenzacken zwischen
Smognachthimmel/Monsterhäusergrund
zwischen Ákropolis und Athen
im Widerschein der alten Säulen
im Angesicht der neuen Lichter
und gebeutelt vom Wind
-dem wir sein' Teil vom Wein als Opfer gaben- 
schon dieser erste Tag
ließ ahnen.

II The first day already (Son et Lumiére)

Inspite of all notknowingAwkwardness 
on rockjawjags between 
smognightsky/monsterbuildingground 
'tween Ákropolis and Athens 
in the reflection of the old columns 
in view of the new lights 
and shook by the wind 
-whom we gave his part of wine as sacrifice- 
this first day already 
made anticipate. 

III Die Fähre -

Still ruht die See soweit ich seh'
die Nacht ist sternbesät
und den Mond hab' ich zwinkern sehen
- vom Qualm der schweren Schiffsmotorn ?

Das muß das leichte Rollen sein
das mich benommen werden läßt
- der Duft der Diesel oder so -
mich meine Welt vergessen macht.

Annas Mundharmonika durchzieht
- wie immer sehnsuchtsvoll - 
die Nacht (die sternbesäte)
auf Deck ist alles ruhig.

Die Silberstraße die Selene legt
auf still gekrauste Wasser
weist uns den Weg nach Süden
und führt uns
- in die Irre ?

III The Ferry - 

Silent's the sea as far as I see 
the night is star-spangled 
and the moon I saw twinkle 
- 'cause of the heavy shipengines' steam ? 

It must be that slight rolling 
which makes me so benumbed 
- the smell of the diesel or so - 
makes me forget my world. 

Anna's harp is gently blowing 
- as always: full of yearning - 
through the night (the star-spangled one) 
on deck all is quiet. 

The silverstreet laid by Selene 
on silently ruffled waters
shows us the way down South 
and leads us 
- astray ?

IV Am Strand

Der Kuß kam wie er kommen mußte
Du nanntest ihn Erleichterung, "relief"
(das ist Englisch
unsere Sprache und doch
die Sprache von keinem von uns)
Du hattest drauf gewartet
und doch die Arbeit mir gelassen
die Blicke die Gesten vor allem auch
die verschämten Andeutungen
(auf Englisch
der Sprache von keinem von uns)
das wär halt so bei Euch
hast Du mir erklärt
(auf Englisch)
den ersten Schritt
macht immer der Mann
- und das mir -

IV At the beach

The kiss came as it had to come 
You called it 'relief' 
(that is English 
our language and yet 
the language of none of us) 
You had awaited it 
and still left the work to me 
the glimpses the gestures and also mainly 
the shameful little hints 
(in English 
the language of none of us) 
it is like that in Greece 
you explained to me 
(in English) 
the first step's 
always made by the man 
- that to me! - 

V Intermezzo "Erste Nacht"

Am Strand
unter Sternen
das Meer
fünf Meter weg
romantisch bis zum
Kotzen zu schreiben wäre unlyrisch
erste Nacht

V Intermezzo 'First Night'

At the beach 
under stars 
the sea 
five metres away 
so romantic you've got to 
puke would be an unlyric word 
first night 

VI Antíparos

Trunken im gestrandeten Schiff
Ouzo kühlt die milden Wunden
Fundamente des Denkens der Sprache
der Sterne der Liebe
Geschmolznes Platin füllt die Bucht
Thymianduft und Sand sind überall
Trockne Brote Wasser
Pfirsich Zigarette
Gitarre Mundharmonika
und die perfekte Flöte
Scheinbar kein Zuhaus und doch
vertraute laute Leute
die Götter sind auf einmal mit uns
nach ersten Tagen der Qual
Weiße Kuben werfen Schatten
nach lärmenden Zikaden
Ameisen sind meine Freunde jetzt
so fleißig wie ich faul
Leben Universum und der ganze Rest
und 42 weiße Tauben
Hungrig gegen Abend
der Duft von 8 gegrillten Armen
So viele Bilder für den Kopf allein
die Kamera geklaut
und endlich einmal nur
die brüllendheiße Sonnenuhr

VI Antíparos

Drunk in the shipwreck 
Ouzo cools the mild wounds 
fundaments of thought of language 
of stars of love 
Melted platinum fills the bay 
sand and smell of thyme are everywhere 
Dry bread water 
peaches cigarettes 
guitar mundharmonika 
and the perfect flute 
Seemingly no home but yet 
familiar loud people 
the Gods are with us all at once 
after first days of torture 
White cubes are throwing shadows 
at noisy cicadas 
ants are my friends now 
as industrious as I'm lazy 
Life Universe and Everything 
and 42 white pigeons 
Hungry towards evening 
the smell of 8 grilled arms 
So many pictures for my head alone 
the camera was stolen 
and at last there's just 
the roaringly hot sundial

VII Sternschnuppen

Still ruht die See soweit ich seh' 
spiegelt spiegelglatt den Mond
Im samtnen Wasserweich berührn wir uns
die nackten Körper nah umarmt.

Sternschnuppenschwärme fallen diesen Sommer
bis alle Wünsche längst erfüllt
vieltausendfach sterbende Sterne
verglühend auf dem Weg zu uns.

Wir selbst sinds die da glühen
auf tageslang gewärmtem Sand
in stiller sternbesäter Nacht
die schweigsam jedes Stöhnen dämpft.

Die bald zerschmolzne Kerze flackert
bescheint in weichem Dunkelgelb
den wilden Körper über mir
bis dann die zarte Flöte spielt.

VII Shooting Stars

Silent's the sea as far as I can see 
mirrors mirrorflat the moon 
In velet wtersoft we touch each other 
the naked bodies close embraced. 

Swarms of shooting stars fall in this summer 
until all wishes are fulfilled 
many thousand times dying stars 
glowing away while heading for us. 

It's us ourselves that's glowing there 
on daylong warméd sand 
in silent starspangled night 
that discreet muffles every moan. 

The candle flickers soon to melt away 
shines in smooth dark yellow 
the wild body over me 
till then the gentle flute will play. 

VIII Bäume der Erkenntnis?

Blaue Tage ziehn träge dahin
gleich stillgelegten Träumen
Weite Gefilde öffnen sich uns
wenn die Wellen uns umschäumen
Staunend stehn wir Hand in Hand
in gleißenden Wunderräumen
untrennbar verbunden mit allem was lebt
können wir gar nichts versäumen
goldne Hesperidenäpfel pflückend
von vielleicht verbotenen Bäumen

VIII Trees of Realization ?

Blue days pass sluggishly by 
like empty silent shut-down dreams 
Wide, wide fields are opening for us 
when foaming are the waterseams 
We stand admiring hand in hand 
in glowing miracle-like streams 
unseperable connected to everything 'live 
we can't miss anything it seems 
plucking golden Heperides' apples 
off of maybe forbidden trees. 

IX Die Rose

Fast verzweifelte Liebe:
Erektionen Konvulsionen
Schwarze Seidenstraße nach Kythera
Aufgerissne Augen spiegeln
Flackerfackelschein und
kaum gekannte Lust

Fest verschlungene Körper
Explosionen Eruptionen
Weichfestrunde Paradiese
Lüsterne Laute das Echo
einander verschmolzener Glieder
und kaum gekannter Lust

IX The Rose

Almost desperate Love: 
Erections Convulsions 
Black silk street to Kythera 
Wide open eyes mirroring 
Flickertorches' shine and 
almost unknown lust 

Solidly entangled bodies 
Explosions Eruptions 
Softhardround paradises 
Luscious sounds the echo 
of amalgated limbs 
and almost unknown lust 

X Vorahnung vom Abschied

Ins tiefe Gemeinsam trotz aller Barrieren
die Grenzen der Sprache stumm überwinden.
Jahrhundertgezeitigtes Volkunterscheiden
verblaßt, wo sich Hände und Augen finden.

Was unlöschlich bleibt sind die Luftkilometer:
die Alpen, der Balkan, die Adria,
in diesen Tagen bewußt mir wie nie.
In diesen Tagen: Ein Abschied ist nah.

X Presentiment of Goodbye

Towards a profound together inspite of all the barriers 
the borders of language we dumb leave behind. 
National differences, called forth by ages, 
are paling, where hands and eyes each other find. 

What stays undeletable are the airkilometres: 
the Alps, the Balcan, the Adriatic Sea, 
in these days known to me like never before. 
In these days: A good-bye is near.

XI Intermezzo "Eine andere Nacht"

Und dann war da noch
dieses schäbige Hotel
ganz nah am Omonia
und ich dachte danach
man wirft uns raus
so laut wie wir warn
auf tausendfach geflickten Laken

- war das jetzt lyrischer ?

XI Intermezzo 'Another Night'

And then there was 
that shabby hotel 
quite near to Omonia 
and afterwards I thought 
they'd kick us out
so loud we'd been 
on thousandtimes patched sheets 

- was that more lyrical now?

XII Letzte Tage

Wir streiften durch die Altstadt von Athen
und teilten unser Mahl mit Hunden
und Katzen, die uns hatten essen sehn.
Wir hatten einen Traum gefunden
und zwischen uns geteilt. Die Stunden
begrüßten uns noch drohlich im Vergehn.

Akropolis, die marmorschöne alte Weise,
versprach die Ewigkeit von ihrem Thron.
Orakelvögel gingen auf die Reise,
der Ratio kalte Falten wartend schon
auf hochgeflogne Zweisamkeitsideen,
die - kaum geborn - im Logikwind zerwehn.

Die letzten fraglichbleichen Göttertage
pastellgefärbt im Nachhinein
und alles schien so alltagsklar.
Wir stellten uns nur leis die Frage
nach Zukunftsmiteinandersein
und wußten, was unmöglich war.

Unmöglichkeit und Guter Wille:
Vergessen wurde ausgemacht
und versenkt in Schweigens Stille
die Möglichkeit des Weitergehns,
des Immerwiederwiedersehns,
versenkt in abschiedsschwarzer Nacht.

XII Last Days

We strolled through the old town of Athina 
and shared our meal with hounds 
and cats who'd seen us dine. 
It was a dream that we had found 
and shared between us. The rounds 
of time were greeting us while passing by. 

Akropolis, the ancient marblebeauty wise and white, 
promised eternity down from her throne. 
Oraclebirds were setting for a flight, 
Ratio's cold folds to catching them were prone, 
catching them highflying twosomeness-ideas, 
which - hardly born - were blown by logicwinds to seas. 

The last pale questionable day, it goes 
pastelcoloured seen from hither 
and everything seemed so everyday-clear. 
We only silently did questions pose 
of common future, of being together 
and knew what impossible were. 

Impossibility and a good will: 
On forgetting we'd agree 
and buried was, silently, still 
the possibility of not putting an end, 
of seeing each other again and again, 
buried in a goodbye-black sea.

XII Der Flieger zurück

Ich flog mit Lufthansa zurück
und neben mir ein Grieche
der kein Deutsch nur Englisch sprach
und wie ich nach Frankfurt wollte
ohne Kinder ohne Frau allein.

Er ging mir eher auf die Nerven
den Gesprächen wich ich aus
den Kopf voll allem und das Herz
noch kaum gewahr der Trennung
des Alleinewiederseins
und aller seiner Konsequenz.

Der Dicke klaute sich bei jedem Service
zwei Fläschchen Johnny-Walker-Schnaps
ich tats ihm gleich zum Schluß
mehr als Gag denn aus dem Wunsch nach Suff.

Am Zielflughafen ging er seiner Wege
verschwand in Richtung Taxistand
und sagte grad' noch Bye
als ich zum S-Bahn-Ausgang ging.

Dann war ich wieder
zu Hause.

XII The Plane back

I flew back via Lufthansa 
and next to me a Greek 
who spoke no German, only English 
and was on the way to Frankfurt, like me 
without a wife nor kids alone. 

He's rather getting on my nerves 
I avoided conversation 
head full of everything and heart 
hardly conscious of the seperation 
of being alone again 
and all its consequences. 

The fat one stole with every service 
two little bottles Johnny Walker booze 
I did the same in the end 
more for gag than for wanting to drink. 

At destination airport he went his ways 
disappeared direction taxi-stop 
and I said Goodbye just in time 
when I went for the railway-exit.

Then I was 
home again.

XIV So was wie ein Epilog (echt lyrisch)

Du hast geweint am Airport
Du sagst Du gibst es zu
wir wollten doch auf Zeit nur lieben

Jetzt weiß ich daß das Blödsinn war
zurück in meiner öden Welt allein
oh wär ich doch bei Dir geblieben.

XIV Something like an Epilogue (really lyrical)

You say you cried at airport
You say that you admit 
we wanted to love just for some time 

Now I know that was rubbish 
back in my dreary world alone 
oh had I staid with you. 

XV Widmung

Der Epilog weist darauf hin:
Dies soll kein abgeschloßner Zyklus bleiben.
Ich hoffe, wenn ich optimistisch bin,
ich kann noch viele Zeilen schreiben,
... für Anna.

 

Hoch

XV Dedication

The epilogue, it does suggest: 
This shall no closéd cycle stay. 
I hope, when I'm an optimist, 
that writing many lines I may, 
 ... for Anna.

 

up

 

Sun, sinking

Now look at this: I wrote a poem
when I just wished to talk
about taking a walk
and about how the fields
are still covered with hoar-frost
in the sunny late-autmun afternoon
how the puddles in shady places
are covered with a thin layer of ice
that cracks beneath my steps
and how on the very hilltop
on the grasscovered wall of the hillfort
fogdrops are caught in cobwebs
which iridesce brightly in evenings
when sunrays hover obliquily
and the horizon tinges itself
with iceblue blueblue
before the sun, sinking,
kindles his orangeredpink play of colours
in front of which the dark skeletons of trees
stripped of their leaves by eastern winds
stand as black silhouettes
from which surprised swarms of ravens fly
and frighten the tired wanderer

 

up

Sonne, sinkend

Jetzt hab' ich doch glatt ein Gedicht geschrieben
dabei wollt' ich nur
vom Spazierngeh'n erzählen
und davon wie die Felder
auch am spätherbstlich-sonnigen Nachmittag
noch mit Reif bedeckt 
an schattigen Stellen die Pfützen
mit dünnem Eis überzogen sind
das unter meinen Schritten kracht
und wie sich ganz oben auf dem Hügel
am grasbedeckten Wall der prähistorischen Veste
in Spinnenweben Tropfen fangen
die auch des Abends leuchtend schillern
wenn schräg die Sonnenstrahlen schweben
und der Horizont sich färbt
in jenem eisigblauen Blaublau
bevor die Sonne, sinkend,
ihr orangerotrosa Farbenspiel entspinnt
vor dem diedunklen Skelette der Bäume
vom Ostwind ihres Laubs entblößt
als schwarze Scherenschnitte stehen
aus denen überraschte Rabenschwärme steigen
und den müden Wandrer schrecken.

 

up

Artwork by Andy Goldsworthy.